STECKBRIEF 
DIALOG Integrationszentrum
Das DIALOG-Team
  • befindet sich in Berlin-Schöneweide (Treptow-Köpenick) 
  • gehört zum Träger abw gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit, Bildung und Wohnen mbH 
  • 3 Projekte unter einem Dach: 
    • Migrationsberatung für Erwachsene 
    • Arbeitsmarktintegration für Zugewanderte 
    • Interkulturelle Öffnung der Kiezclubs 

 

 

WORTLAUT IM GESPRÄCH MIT:

Sarah König, Leiterin des Bereichs Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten und Geflüchteten im DIALOG-Integrationszentrum in Berlin-Schöneweide

 

Beratungsangebote 

Frau König, Sie arbeiten im Integrationszentrum DIALOG in Schöneweide. Welche Beratungsangebote gibt es bei DIALOG und an wen richten sich diese?  

Beim DIALOG-Integrationszentrum gibt es zum einen den Bereich Migrationsberatung für Erwachsene (MBE), dort werden von den Kolleg*innen alle Fragen aus dem Bereich Sozialberatung -Kommunikation mit den Ämtern und Behörden, Fragestellungen zu den Schwerpunkten Gesundheit und Familie, beantwortet. Für Neu-Berliner*innen ist das ein Angebot, um sich zu orientieren und bei den ersten Schritten eine fachliche Begleitung zu haben.  

Seit 2016 gibt es das Projekt zur Arbeitsmarktintegration für Zugewanderte. Hier werden Ratsuchende bei der Arbeits- und Ausbildungssuche begleitet und beraten. Das Projekt bietet Informationen und Ratschläge zur Orientierung auf dem Berliner Arbeitsmarkt. Wir erstellen gemeinsam Bewerbungsunterlagen und unterstützen bei der Kontaktaufnahme mit potentiellen Arbeitgeber*innen. Über die letzten Jahre konnten wir ein breites Firmennetzwerk aufbauen und dank der gewonnenen Kontakte viele Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte aus Treptow-Köpenick in Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse integrieren.  

Darüber hinaus gibt es noch das Projekt zur interkulturellen Öffnung der Kiezklubs. Hier geht es darum, lokale Freizeiteinrichtungen bei der interkulturellen Öffnung zu begleiten, diverse Angebote zu etablieren und die Bedarfe von Aussiedler*innen zu erfassen und in neue Veranstaltungen einfließen zu lassen. Ein Teil dieses Projekts ist auch die Beratung der Aussiedler*innen zu individuellen Herausforderungen.  

 

TIPPS für die Arbeitsmarktintegration 

Welche allgemeinen Tipps geben Sie arbeitsuchenden Menschen mit Migrations- oder Fluchterfahrung? 

-> UNTERSTÜTZUNG: Ein wichtiger Schritt ist es, sich Unterstützung zu suchen, um individuelle Barrieren und Ängste zu überwinden. Beratung bieten hier Arbeitsmarktprojekte, aber auch informelle Kontakte, wie Freund*innen, Nachbar*innen oder Bekannte. Ein soziales Netzwerk kann dabei helfen, wenn es darum geht, im Notfall Unterstützung zu erhalten und zu wissen, wo es welche weiterführenden Angebote gibt.  

-> SPRACHE: Die Sprache gut zu lernen, bzw. selbstbewusst zu kommunizieren, auch wenn noch nicht alles „sitzt“, kann auch den Arbeitsmarkteinstieg verbessern, da Bewerber*innen sich dann besser einbringen und die Qualifikationen aus dem Herkunftsland in den Arbeitsalltag integrieren können. Bei manchen Menschen kann die Sprachpraxis im Unternehmen den Spracherwerb enorm beschleunigen, in anderen Fällen ist ein sehr gutes Sprachniveau vor dem Einstieg unabdingbar, um in dem Bereich arbeiten zu können. 

-> QUALIFIKATION: Wenn es die individuelle Situation erlaubt, also der aktuelle Aufenthaltstitel, würde ich empfehlen, Nachqualifizierungsangebote, Weiterbildungen oder Umschulungen wahrzunehmen und die Ausbildungszeit als Investition in die eigene Zukunft zu betrachten. Solche Angebote helfen dabei, das Vokabular und die fachlichen Werkzeuge zu erlernen, die die jeweiligen Berufe voraussetzen. Ein schneller Jobeinstieg bringt nicht immer die erhoffte Sicherheit oder Verbesserung des Lebensstandards. Es kann sich lohnen, sich die Zeit zu nehmen, um dann die Möglichkeit zu haben, mehrere Optionen wahrnehmen zu können. 

-> FLEXIBILITÄT: Sollten formelle Barrieren vorliegen, die einen Einstieg in den erlernten Beruf erschweren, kann Flexibilität dabei helfen, andere Möglichkeiten wahrzunehmen. Schauen sie nach verwandten Berufszweigen, die vielleicht einen einfacheren Einstieg bieten.  

-> VORERFAHRUNGEN: Auch wenn für einige Vorerfahrungen/Jobs keine Nachweise vorliegen (informelle Tätigkeiten), lohnt es sich immer, sie im Lebenslauf zu nennen und auch in Bewerbungsgesprächen zu erwähnen. Alle Kompetenzen und Fähigkeiten können wichtig sein und zeigen, dass in bestimmten Bereichen schon Wissen vorhanden ist. 

-> ENGAGEMENT: Mit einem sozialen oder freiwilligen Engagement kann man erste  Erfahrungen in einer Einrichtung sammeln, seine Sprachkenntnisse verbessern und neue Kontakte knüpfen. Gerade wenn Unsicherheiten und Ängste vorliegen, kann ein Engagement ein Schritt sein, um auf sanfte Art und Weise den Berufsalltag in Berlin kennenzulernen. 

 

Herausforderungen beim beruflichen Wiedereinstieg 

Welche Herausforderungen sehen Sie für beruflichen (Wieder-)Einstieg von Menschen mit Migrationserfahrung, insbesondere Eltern? 

Verzögernd auf den Berufseinstieg wirken sich mangelnde Betreuungsmöglichkeiten aus. Wenn kein Kitaplatz genutzt werden kann, ist der Berufseinstieg quasi unmöglich. Es fehlen auch häufig Verwandte und Freund*innen, die im Notfall einspringen können, da diese oft noch im Herkunftsland leben. Von daher spielt es auch eine Rolle, ob Eltern alleinerziehend sind oder auf eine*n Partner*in zurückgreifen können. Während der Elternzeit gibt es nur wenige Sprachgelegenheiten, so dass bereits erworbene Sprachkenntnisse erst wieder reaktiviert werden müssen. Neu-Berliner*innen benötigen zusätzliche soziale Kontakte, die ihnen Wissen und Tipps bereitstellen können zu passenden Jobmöglichkeiten und relevanten Ansprechpartner*innen. Insofern können Beratungsprojekte diese Lücke schließen und Eltern dabei unterstützen, den Einstieg in das Berufsleben zu finden. Eine weitere Herausforderung liegt darin, dass die Ausbildungssysteme in den unterschiedlichen Ländern sehr verschieden sind und die Voraussetzungen auf dem Berliner Arbeitsmarkt teilweise nicht erfüllt werden können. In Berlin spielen Praxiserfahrungen, die während der Ausbildung erworben wurden, eine große Rolle, insbesondere Jobs in der Schulzeit und im Studium sowie Praktika. In einigen Ländern sind solche Faktoren weniger in der Arbeitskultur verankert. Während Studienabschlüsse als gleichwertig bewertet werden können, gibt es das Konzept der dualen Ausbildung in anderen Regionen kaum. An dieser Stelle fehlen dann wiederum Nachweise, die einer Arbeitsaufnahme entgegenstehen. Eine weitere Hürde besteht, wenn auf der Flucht wichtige Dokumente verlorengegangen sind, die hier als Nachweis von Bedeutung wären. In dem Fall, dass Eltern über einen längeren Zeitraum in Elternzeit gewesen sind, ist der Abstand zur Berufstätigkeit im Herkunftsland sehr groß, das kann sich wiederum auf das Selbstbewusstsein auswirken. 

 

TIPPS für den beruflichen Einstieg in die Migrationssozialarbeit 

Die Arbeit von DIALOG ist sehr vielfältig und spannend. Eine ehemalige Teilnehmerin von „Stark im Kiez“ hat mittlerweile ihren beruflichen Einstieg bei Ihnen im Integrationszentrum geschafft. Was muss man mitbringen, wenn man sich für den Bereich der Migrationssozialarbeit interessiert und in dieses Berufsfeld einsteigen möchte? 

Für die Arbeit im sozialen Bereich sollte man generell sehr offen für die Kommunikation und Auseinandersetzung mit Menschen sein. Gleichzeitig ist es wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und zu akzeptieren und viel Geduld für die Strukturen (Ämter, Verwaltung, Unterkünfte) aufzubringen, in denen sich die Klient*innen bewegen (müssen).  

In den Bereich der Migrationssozialarbeit kann man einsteigen, wenn man eine Ausbildung als Sozialarbeiter*in hat. Anerkennungsmöglichkeiten von Ausbildungen aus dem Herkunftsland gibt es bei der Senatsverwaltung. In Berlin gibt es mehrere Universitäten, die das Studium „Soziale Arbeit“ anbieten. Mit einer Vorbildung als Erzieher*in kann man im betreuten Jugendwohnen mit unbegleiteten Minderjährigen arbeiten. Wenn ein geisteswissenschaftliches Studium vorliegt, gibt es die Möglichkeit, als Projektkoordinator*in im sozialen Bereich zu arbeiten, beispielsweise als Ehrenamtskoordinatorin, in einem Bildungsprojekt oder in einem Patenschaftsprojekt. Empfehlenswert ist es, sich einen Eindruck vom Berufsalltag zu verschaffen im Rahmen einer Hospitation oder als Praktikant*in in einer Einrichtung. Niedrigschwellige Zugänge zum Arbeitsmarkt gibt es als Sprachmittler*in oder als Jobcoach bei Weiterbildungsträgern. Hier reichen oftmals die passenden Sprachkenntnisse und der Besuch einer 1,5-jährigen Qualifizierung. Einige Unterkünfte stellen auch Sozialassistent*innen als Betreuer*innen ein.  

 

Wünsch dir was! 

Frau König, was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit, Ihre Zielgruppe und/oder den Bezirk Treptow-Köpenick? 

Ich wünsche mir, dass neben den vielen Unternehmen, die bereits Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte einstellen, noch mehr Firmen in Treptow-Köpenick sich gegenüber der Zielgruppe offen zeigen. In vielen Bereichen werden Fachkräfte dringend gebraucht, um Dienste und Strukturen zu erhalten. Wichtig wäre es hier, dass Firmen Barrieren abbauen, insbesondere Möglichkeiten der Probearbeit implementieren, Teilzeit für Eltern anbieten und sich mit rassistischen Tendenzen in der Belegschaft auseinandersetzen.  

Für den Bezirk und meine Klient*innen wünsche ich mir, dass in der Verwaltung mehr Möglichkeiten für Quereinstiege geschaffen werden. Viele Ämter und auch die Stadtgesellschaft würden enorm davon profitieren, wenn das Kollegium, also die Bearbeiter*innen diverser werden würden. Ausreichende Kita- und Schulplätze im Bezirk können dazu beitragen, dass Eltern einen schnelleren Arbeitseinstieg vollziehen würden.  

Für meine Arbeit wünsche ich mir Anerkennung in Form von einer gesicherteren Finanzierung, die nicht fortwährend in Frage gestellt wird. Also eine nachhaltige Beschäftigung mit dem Thema Arbeitsmarktintegration von Seiten der Verwaltung und eine wertschätzende Sicht auf die Menschen, die kommen und auch in Zukunft kommen werden.  Das Thema ist auf vielen Ebenen so wichtig, dass es schade wäre, wenn Projekte immer wieder fürchten müssen, wegrationiert zu werden.